Eigentlich wollte ich diesen Blog ja chronologisch schreiben, aber ich mache mal eine kurze Ausnahme. Die Woche auf den Äußeren Hebriden folgt in Kürze, die überspringe ich einfach mal und berichte lieber kurz von meinem Start in den hohen Norden … da sind die Erinnerungen noch so schön frisch 😉
Es gibt ja nichts Schöneres, als ein bisschen Spontanität… eigentlich wollte ich vor zwei Tagen nach der Fährüberfahrt von Tarbert (Äußere Hebriden) nach Uig (Skye) abends noch schnell ein bisschen Strecke machen, bin aber dann doch von der wunderschönen Landschaft davon abgehalten worden 😉 Immer direkt an der Küste langzufahren und auf der anderen Seite die Berge zu sehen, ist halt schon verführerisch … also doch auf einen kleinen Parkplatz gefahren und ausgestiegen, gemerkt, dass das Foto gar nicht sooo toll wird, das man Richtung Küste schießt und zu dem kleinen, süßen Pfad geschielt, der sich da so malerisch Richtung Berge schlängelt… Es war kurz vor sieben abends, als ich dann, zumindest vernünftigerweise mit ordentlichen Wanderschuhen ausgestattet und Rucksack mit Wasser und Proviant „einfach mal so drauf los gelaufen bin“, um kurz danach festzustellen, das ich auf dem besten Weg zum Quiraing-Gebirge war – einem weiteren „Must-See“ von Syke, zu dem ich es aber noch nicht „geschafft hatte“ – eigentlich war der Parkplatz dafür auch auf der anderen Seite der Berge, aber ich hatte hier wohl eine ganz untouristische Route gefunden. Noch drei Wanderer kamen mir entgegen, dann war Schluss und ich hatte diesen „Hot Spot“, an dem es tagsüber nur so wimmelt von Touristen, ganz für mich alleine… herrlich. Aus meiner kurzen Schnupperrunde bis zur nächsten Abzweigung wurde so doch noch eine Wanderung von dreieinhalb Stunden – was aber ok ist, wenn die Sonne erst gegen halb elf untergeht und man den ganzen Tag eher im Auto oder Cafe verbracht hat 😉
Als ich zurück bei Emma war, war der Parkplatz immer noch leer, die kleine Straße mittlerweile auch und ich bin einfach dageblieben. Kurios: nur ein paar hundert Meter weiter in die eine, als auch in die andere Richtung waren genauso kleine Parkplätze, die aber auf der Parkplatzapp angezeigt wurden – die waren mit drei bis vier Wohnmobilen komplett voll für die Nacht – und mein eigentlich nicht weniger großer Parkplatz bis auf Emma komplett leer … ich habs genossen, die Berge weiter vom Bett aus bewundert und später noch Besuch von Mama Schaf und ihren drei Lämmern bekommen…

Gestern gings dann aber wirklich mal wieder aufs Festland und wieder durch herrliche Landschaften. Als Ziel hatte ich mir den Start- bzw. Endpunkt einer vorgeschlagenen Autoroute aus meinem Schottland-Camperbuch ausgesucht, dann konnte ich ab da dieser Route folgen und mich ein bisschen daran entlanghangeln.
Irgendwann, als die Straße immer kleiner und kurviger und steiler wurde, dämmerte mir aber, dass ich geradewegs auf dem Weg zu einer der spektakulärsten Passstraßen war, die im Reiseführer ganz am Ende der Route kam (und mit der ich daher noch nicht gerechnet hatte), der Reiseführer halt aber auch die gesamte Route in anderer Richtung abgefahren war… clever… Bealach na Ba ist eine wirklich grandiose schmale und sich immer weiter in die Höhe schlängelnde Straße (die sich auch vor den Alpenstraßen nicht verstecken muss), die im Winterhalbjahr grundsätzlich gesperrt ist und auch in der restlichen Zeit einiges für Auto und Fahrer zu bieten hat 😉 es gibt Ausweichstellen, aber selbst die sind recht schmal. Ich habe die interessanten Fahrmanöver vorallem beobachtet, kam aber selbst recht gut und sicher voran, weil ich lieber an einer breiteren Stelle ein bisschen gewartet hab, als mit Emma irgendwelche Experimente zu machen (ich hoffe, sie dankt es mir ;-)) Die Sicht oben wurde dann auch noch recht schlecht inklusive stellenweise dichtem Nebel, so dass es trotz aller Vorsicht spannend blieb und abenteuerlich, aber wir hatten Glück, im Nebel kam zumindest niemand entgegen und irgendwann hatten wir es geschafft und waren ganz heil und auch ein bisschen stolz wieder unten in Applecross angekommen und auch noch direkt am Campingplatz, unserem Tagesziel. Dort sehr nett mit der Nachbarin ins Plaudern gekommen und mir ein paar Tipps für den hohen schottischen Norden geholt – und ein paar Warnungen, was „Horse Flies“ (Bremsen) und Zecken angeht – na das kann ja heiter werden. Ich hoffe, sie ist einfach nur ein bisschen sensibel 😉 (ich kenne mich und meine nicht besonders hohe Schmerztoleranzgrenze aber auch, also mal abwarten… 🙂

Heute gings dann entlang der Route immer nah an der Küste auf den kleineren Straßen weiter. Durch wunderschöne, unglaublich wilde Gebirge – als ich kurz ausgestiegen bin, habe ich doch tatsächlich mal gemerkt, wie unangenehm die schottischen Midges sein können, die einen innerhalb weniger Sekunden umschwirren… bisher war es dazu immer zu windig (und ich hatte mich beschwert… wie dumm!) – und vorbei an großen Seen. Mein Reiseführer (also der deutsche), der mir schon die wunderschöne Küstenwanderung in Ost-Schottland vorgeschlagen hatte, schlägt eine mittelschwere Bergtour mit traumhaften Ausblicken vor und ich denke, das ist es, heute bin ich bis jetzt eher Autogefahren, wandern wäre mal wieder drin…
Es geht durch herrlichen Pinienwald und dann ein wenig felsig nach oben… ich hatte ja gelesen, ein Stückchen wäre steil, das muss es sein, das kriege ich schon hin… nun ja. Irgendwann, so eine halbe Stunde später, habe ich meinen Irrtum dann erkannt. Ich bin auf einer sehr langen und durchaus anspruchsvollen Bergtour gelandet, das steile Stück liegt noch vor mir, ebenso wie 9/10 der ganzen Wegstrecke. Weil mich der Ehrgeiz grade ein bisschen gepackt hat und ich auch wenig Lust habe, das etwas rutschige erste Stück wieder runterzulaufen, gehe ich weiter… ich kraxle, hin und wieder mit viel Schwung, hin und wieder aber eher auf allen Vieren auf Wegen, die nicht wie Wege aussehen, sondern eher wie viele auf- und ineinandergestapelte Felsen… meist geht es zu einer oder beiden Seiten auch nicht gerade leicht bergab. Ich bin der einzige Mensch weit und breit, das kann Nachteile haben, aber es hat auch den Vorteil, das einen niemand beobachten kann, wenn man ein wenig verloren vor irgendwelchen Felsen steht und sich fragt „wie soll ich denn da hoch kommen?“, um dann irgendwie und vermutlich nicht besonders grazil hochzuklettern 😉 Einen weiteren Vorteil hat dieser Weg: im Gegensatz zu allen bisherigen Wanderwegen in Schottland ist dieser hier tatsächlich immer markiert. Aller hundert Meter oder so steht eine kleine Steinpyramide und zeigt das nächste Mini-Etappenziel an. Und noch etwas ist recht grandios: der Ausblick. Immer wenn ich kurz durchatmen muss (und das kommt häufig vor ;-)) kann ich einen sagenhaften Blick ins Tal, auf den See und die gegenüberliegenden Berge genießen.
Weil ich mich einer kleineren Wanderung gerechnet hatte (ok, mein Reiseführer sprach von dreieinhalb Stunden, auch nicht gerade kurz), habe ich zwar Wasser, aber wenig Proviant dabei. Weil mir die nette Frau gestern abend aber sagte, das es im Norden Schottlands praktisch keine kleinen süßen Cafes mit leckeren Suppen und selbstgebackenen Kuchen gibt und ich deshalb heute erst in einem kleinen Räucherei-Imbiss und dann noch in einem kleinen Cafe eine Kleinigkeit gegessen hatte (wer weiß, vielleicht ist das ja die letzte Gelegenheit?? 😉 war ich zumindest wirklich nicht hungrig.. und eine Nektarine hatte es sogar in den Rucksack geschafft 🙂 Als es dann noch anfängt mit regnen, verzweifle ich zugegebenermaßen schon ein kleines bisschen, aber zurück ist jetzt eh nicht mehr drin, ich laufe jetzt auf diesen Berg…
Tatsächlich wird der Weg irgendwann weniger steil und ich stehe – auch irgendwann – und gar nicht so erschöpft auf diesem kleinen Berg, circa 550 Höhenmeter liegen hinter (oder unter?) mir und ich hoffe bloß, das der Rückweg ein wenig weniger-kraxelig ist… Von einem Berg weiter oben kriechen langsam die Nebelschwaden nach unten – auf Nebel habe ich aber so gar keine Lust und so bleibt die „Gipfelnektarine“ im Rucksack und ich wandere lieber weiter. Der Weg ist wunderschön, es geht an kleinen Seen vorbei (Loch Lunar, das wohl an die Mondlandschaft erinnern soll) und tatsächlich ein wenig weniger-kraxelig nach unten. Nach knappen fünf Stunden stehe ich irgendwann stolz und glücklich, aber auch recht fertig an meinem Auto (angegeben im Tourenbuch stehen vier bis fünf Stunden, da bin ich tatsächlich noch drin – und meine dreieinhalb Stunden Wanderung war anscheinend irgendwo einfach umgekehrt anstatt weiterzugehen…). Am liebsten würde ich hier bleiben, aber die Midges machen sich bereit zum Angriff (und das dauert nicht lang, sie greifen also direkt an) und so fahre ich gegen acht (die Wanderung hatte ich halt erst gegen drei Uhr nachmittags gestartet) einfach mal weiter, langsam ein wenig ziellos, wo ich denn heute (wild?) übernachten könnte.

Gegen halb neun stehe ich dann kurz auf dem dritten „Nachts parken verboten“ Parkplatz – neben mir zwar zwei riesige Wohnmobile, die sich das Parkverbot nicht allzu sehr zu Herzen nehmen und auch das Schild „Feuer machen verboten“ gekonnt ignorieren, aber ich wollte mich eigentlich an die ansonsten ja sehr lockeren schottischen Regeln halten (und kann die nicht so lockeren auch langsam immer besser verstehen). Langsam fordert der lange Tag doch seinen Tribut und als ich vorhin an einem recht alten und wenig einladenen Hotel vorbeigefahren bin, dachte ich doch tatsächlich kurz, wie schön so ein richtiges Bett in einem richtigen Haus jetzt wäre … das ist mir bisher eher nicht so gegangen und deshalb mache ich jetzt Nägel mit Köpfen. Ich suche kurz im Internet und finde tatsächlich noch ein einziges freies Zimmer im Umkreis von ein paar Kilometern, buche und los gehts.
Und so sitze ich jetzt hier in einem kleinen und schönen Bed and Breakfast, das zwar deutlich über meinem Budget liegt, was mich aber grade gar nicht stört. Die Dusche war herrlich, das Bett sieht gemütlich aus, es gibt WLAN *yeah*, einen Wasserkocher, der nach drei Minuten heißes Wasser hat ohne das man die ganze Zeit gucken muss, wo der Wind herkommt und wie lange es dauert, das Wasser auf dem Gaskocher zum kochen gebracht wird. Hier sind keine fiesen Midges, dafür jede Menge Steckdosen, an denen ich meine sehr leeren elektronischen Geräte aufladen kann… so viele Lösungen für meine kleinen Probleme 🙂 Hab also alles richtig gemacht und kann das ja mit dem Campen ab morgen wieder machen 😉
Jetzt also noch schnell Bilder raussuchen und dann „Gute Nacht“ 🙂