Die Lofoten sind ein Traum. Unterschreibt glaube ich auch jeder, der schonmal hier war… gut, das Wetter, das könnte noch ein bisschen traumhafter sein – aber noch ist es kein Alptraum, also alles gut.
Obwohl es vom nördlichen Svolvær zum südlichen Moskenes nur knapp 130 Kilometer sind und man bei zügiger Fahrt auch nur etwas mehr als zwei Stunden unterwegs ist, ist letzteres quasi unmöglich, weil man an fast jedem Punkt halten und gucken und wandern will … also ich zumindest. Darüber hinaus gibt es natürlich auch noch unzählige kleine Sträßchen, die immer nach links oder rechts in weitere verheißungsvolle Ecken der Inseln führen mit weiteren endlosen Punkten zum halten, gucken und wandern 😉 Ich habe einen richtig tollen Blog gefunden, welcher mehrere Wandertouren auf den Lofoten vorstellt und richtig gut beschreibt. Weil ich eh nicht mehr so viel Zeit habe, sortiere ich direkt alle Touren aus, die die Wörtchen „schwer“, „anspruchsvoll“ und „steil“ enthalten 😉 denn gerade und ohne jede Schwierigkeit ist hier eh kein Weg und ein bisschen steil ist immer dabei und dieses „ein Bisschen“, das reicht mir gerade völlig für mein Glück, weil der Blick an den aller-allermeisten Stellen eh fantastisch ist, ob die Tour nun unglaublich schwierig oder nicht ganz so unglaublich schwierig war…
Übrig bleiben sechs, sieben Touren, von denen ich vier bis fünf gehen möchte. Mehr ist einfach nicht realistisch. Den ersten Tag meiner „verbleibenden fünf“ verbringe ich tatsächlich im Wesentlichen mit Autofahren, was vielleicht daran liegt, das ich erst verhältnismäßig spät vom schönen Quartier aufgebrochen bin. Außerdem regnet es und da verpasse ich nicht so viel. Irgendwann habe ich es aber doch noch zum Parkplatz geschafft, von dem aus eine ganz einfache (sogar nach deutschem Standard einfache!) Tour starten soll – ein breit geschotterter Weg führt an der Küste um einen Berg herum. Null Steigung. Null Schwierigkeit. Dafür jede Menge Küste. Bei dem Wetter heute perfekt. Eigentlich wollte ich direkt am Wasser auch auf einem kleinen Campingplatz übernachten. Aber dann schaue ich mir diesen parkplatzähnlichen Matsch-Platz an, das dazugehörige kleine Klo-Häuschen und den Preis und denke „nö“. Weil die „freien“ Plätze zum Wildcampen hier alle einfach nur größere Ausweichspuren an der Straße sind und es darüber hinaus hier irgendwie wenig gibt, gebe ich relativ schnell „auf“ und buche einfach wieder eine kleine und einfache Unterkunft. Wenn ich ganz ehrlich bin, wird es mir jetzt abends einfach auch zu kalt. Im Sommer war das ok. Abends war es noch relativ mild, ich konnte lange draußen sitzen (es war ja sogar lange hell) und wenn es dann nachts doch mal kurz kalt wurde, lag ich eh dick eingepackt im Schlafsack im Auto. Dadurch, dass es mittlerweile schon gegen sieben bis acht Uhr dunkel wird und eben auch kalt (und nass), ist das mit dem Draußensein schwieriger und weniger spaßig geworden. Ich merke, war Emma im Sommer für mich das perfekte Auto, schiele ich nun schon etwas sehnsüchtig zu den größeren Campern, in die man richtig hineingehen und sich aufwärmen kann…
Ich parke also nur an der Straße und bummle ganz gemütlich am Küstenwanderweg entlang. Gut, der Strand sieht nett aus, aber bei dem Wetter halt auch trübe … dabei soll das der schönste Strand der Lofoten sein 😉 ich weiß ja nicht…

Auf dem Rückweg habe ich dann noch ein sehr putziges tierisches Erlebnis. Schon von weitem sehe ich, dass da irgendetwas mitten auf dem Weg sitzt, von Nahen entpuppt es sich als kleiner Marder (glaube ich), der aberwitzig um mich herumflitzt. Und zwar tatsächlich. Während ich stehen bleibe, um einen guten Blick und ein Foto von diesem witzigen Tierchen zu machen, rast es im Abstand von ein paar Metern immer um mich herum, versteckt sich hinter den Steinen, rast wieder hervor und rennt weiter, guckt und rennt weiter. Ich würde sagen, wir beide geben für eine versteckte Kamera ein gutes Bild ab, denn ich drehe mich mit Handy in der Hand einfach immer mit und versuche ein halbwegs gutes Foto zu machen. Und hier ist es 😉 Ich tippe auf Hermelin oder Wiesel, also irgendeine Marderform wird es sein, falls jemand es genauer weiß, her mit der Info 😉


Kurz vor dem Auto treffe ich noch ein ganz junges Pärchen, wir unterhalten uns kurz über den Berg, den man auch von hier aus besteigen kann und als die beiden mich fragen, wo der Weg denn beginnt und sich überlegen, gleich noch zu starten, höre ich mich sagen „Ihr wisst aber schon, dass es in einer Stunde dunkel wird?“ Oje, so merkt man, dass man älter wird 😉 wenn man im wohlmeinenden Ton „die Jugend von heute“ mütterlich berät 😉 Zu meiner Verteidigung, die beiden sind wirklich total überrascht (Schon?) und die Wanderung auf einen recht steilen Berg dauert drei Stunden in Summe … ich werbe ein bisschen für meinen einfachen Küstenwanderweg von nur einer Stunde und die beiden wollen es sich nochmal überlegen 🙂
Ich mache mich indessen auf in meine kleine Unterkunft, die sich als wirklich sehr einfach (und dabei gar nicht so günstig) herausstellt, aber für die zwei Nächte sollte es gut gehen. Auf dem Zimmer gibt es eine kleine Elektroheizung, aber auf den Fluren und in der Küche wird es aber abends bitterkalt. Ich glaube die Fenster sind eher historisches Gut, als halbwegs dichtes Glaswerk …
Am nächsten Tag herrscht richtiges Aprilwetter. Ich stehe schon auf dem kleinen Parkplatz meiner Wanderung, als es so sehr zu schütten anfängt, das ich doch wieder ins Auto steige und in das Wikingermuseum im Nachbarort fahre. Klar, das es fünf Minuten später wieder aufhört mit regnen, aber jetzt bleibe ich mal bei meinem Plan.
Grundsätzlich ist das Museum in Borg auch richtig gut, nur habe ich manchmal das Gefühl, dass man die Besucher von Museen mittlerweile häufig einfach so „reinwirft“ in die Details und völlig vergisst, erstmal ein grobes Bild zu zeichnen. Vielleicht setzt man aber auch einfach nur eine minimale Vorbereitung der Reisenden voraus, mit der ich leider nicht dienen kann 😉 Meine Vorbereitung ist in der Regel: ich weiß, dass es ein Museum gibt, ich weiß, wo es ist und wann es geöffnet hat. Alles andere will ich dort erfahren … ich vermute, das ist mein Fehler 😉 Recht mühsam und am Anfang auch relativ verirrt suche ich mir langsam die wesentlichen Punkte aus den vielen, vielen Details raus, die dort präsentiert werden.
In Borg wurde in den 1980er Jahren eine der größten Wikingersiedlungen Nordeuropas gefunden, bei Ausgrabungen wurden die Reste eines Langhauses und unzählige „Schätze“ und Alltagsgegenstände dieses damaligen Häuptlingssitzes gefunden. Hat man einmal den groben Hintergrund verstanden, machen die Interviews, der Film und die ganzen Exponate richtig viel Sinn 🙂 Ohne war es anfangs aber erstmal schwierig… da fehlt halt doch die gute alte traditionelle Führung durch so ein Museum durch einen Menschen, der ja immer ein paar einleitende Worte sagt und nicht direkt in Raum Nummer 1 beginnt, von einem roten Traktor zu sprechen (der fast einen Teil des Funds in den 80er Jahren beim Pflügen zerstört hätte). Zum Glück sehe ich aber auch noch ein paar andere verwirrte Menschen 😉 ich bin also nicht ganz alleine mit meinem Problem 🙂



Nach ein paar weiteren Aprilschauern klart es dann aber am Nachmittag endlich auf und ich starte auf meine kleine und dieses Mal tatsächliche „Feierabendtour“ – es ist nämlich die einfachste Wanderung, die ich bisher in Norwegen gemacht habe und dabei eine der allerschönsten. Vielleicht liegt das auch am geringen Schwierigkeitsgrad. Bis auf richtig, richtig viel Matsch machen mir weder zu große Absätze, noch steile oder rutschige Passagen das Leben schwer. Ich kann einfach genießen und durch die Natur streifen und gucken … der Blick ist nämlich atemberaubend und das eigentlich von Beginn bis zum Höhepunkt der Wanderung, einem kleineren Berg.
Außerdem treffe ich nur am Anfang und ganz zum Ende jeweils zwei Menschen, dazwischen habe ich den ganzen Berg ganz für mich alleine … und das ist ganz schön großartig! Ich kann so lange irgendwo stehen bleiben und gucken, wie ich will und bin niemandem im Weg und niemand ist schneller als ich und gibt mir das Gefühl, eine lahme Ente zu sein 😉 Damit habe ich zwar grundsätzlich gar kein Problem, aber so ganz ohne Vergleichswerte am Berg finde ich das zur Abwechslung tatsächlich auch mal schön 🙂




Natürlich ziehen dunkle Wolken am Horizont auf, als ich gerade den Berg bestiegen habe und natürlich regnet es auf dem Großteil des Rückwegs. Aber wenn die Schuhe einmal komplett durch sind, dann können sie auch nicht nasser werden 😉 Und weil ich mittlerweile einfach immer jede Menge Schichten Kleider trage (es ist halt recht kühl geworden), macht mir die Nässe auch so wenig aus. Im Auto warten trockene Sachen und halbwegs trockene Schuhe auf mich und in der Unterkunft sogar eine Heizung (wenn auch eine, die sich jetzt nicht mit Wärme überschlägt).
Für die letzten drei Tage auf dieser wunderschönen Insel (es hilft ja doch nichts), habe ich mir noch ein letztes Quartier gesucht, weil die Parkbuchten und Campingplätze irgendwie alle an der größeren Straße hier liegen und weil es immer noch, gerade abends, eher kühl und nass ist – und ab sieben Uhr halt mehr oder weniger dunkel.
Auf dem Weg nach Moskenes liegen dieses Mal zwei als wunderschön angepriesene Wanderungen und wenn ich relativ früh starte, schaffe ich auch beide an einem Tag. Das wird zwar kein Zuckerschlecken, aber da für diesen einen Tag tatsächlich nochmal sagenhaft schönes Wetter angesagt ist, nehme ich das gerne in Kauf.
Lange habe ich überlegt, ob ich die berühmte Wanderung auf den Reinebringen im Süden der Insel machen möchte. Das soll ein absolutes Muss mit traumhafter Aussicht sein, die meisten Postkarten zeigen diese Sicht auf die Insel… allerdings ist der Weg dahin einer von der ganz schön steilen Sorte. Früher war der Weg so ausgelatscht und ausgewaschen, das tatsächlich mehrere Wanderer abgestürzt sind und vor ein paar Jahren Sherpas aus Nepal engagiert wurden, um einen neuen Steintreppenweg auf den Berg zu bauen. Trotzdem bleibt steil halt steil und ich habe mittlerweile wirklich festgestellt, das ein steiler Weg nix für mich ist. Da setzt bei mir irgendeine interessante Art der Höhenangst ein, unter der ich sonst eher nicht leide… hätte ich die Treppen für mich alleine, könnte ich mir viel Zeit nehmen und würde es sicherlich auch schaffen, aber dummerweise ist das eben eine der bekanntesten Wanderungen in ganz Norwegen und dementsprechenend gut besucht. Am Ende entscheide ich mich gegen den Reinebringen, vielleicht ein anderes Mal… als Alternative wähle ich einen einfacheren Weg mit ganz ähnlicher Aussicht und ich muss sagen: richtige Entscheidung. Der Weg ist nicht einfach, aber durchweg gut machbar und die Sicht am Ende wieder mal ein absoluter Traum, ein 360 Grad – Blick übers Land, über Berge und Meer und kleine Dörfchen. Sagenhaft schön und dabei ganz und gar ungefährlich.



Am Nachmittag starte ich dann noch zu einem der berühmtesten Strände der Insel, dem Kvalvika Strand – natürlich nicht so einfach erreichbar wie ein dänischer Strand hinter den Dünen, sondern eben wie ein norwegischer hinter einem hohen und mittelsteilen Berg, der natürlich als erstes erklommen werden muss 😉
Ich finde den Weg gar nicht so schlimm wie beschrieben, vielleicht gewöhne ich mich aber mittlerweile auch einfach an das ganze Gekraxel. Der Strand ist schön, die Sonne aber grade schon weg, sodass er einfach auch ein bisschen dunkel da vor sich hin liegt.


Berühmt ist der Strand übrigens auch geworden, weil hier mal zwei junge Männer neun Monate in einer selbst gebauten, einer Hobbithöhle nicht ganz unähnlichen Hütte gelebt und sich dabei gefilmt haben. Diesen Film „North of the sun“ muss ich mir, wenn ich mal wieder zuhause bin, unbedingt ansehen! Die „Hobbithöhle“ existiert übrigens auch heute noch und darf von allen Schutzsuchenden oder einfach-nur-so-aus-Spaß-am-Strand-Übernachtenden genutzt werden. Nach etlichem Suchen habe ich sie gefunden und es ist schon verrückt, wie die beiden das gebaut haben. Aber Bilbo und Frodo Beutlins Höhle ist mir lieber 😉


Und dann geht es fahren Emma und ich in unsere letzte Unterkunft hier auf den Lofoten. Ich habe Glück, dieses Mal ist es wieder etwas komfortabler und die Heizung ist auch im gesamten Haus vorhanden, sodass man morgens und abends nicht bibbernd von Raum zu Raum huschen muss 😉
